Gesangverein "Eintracht" 1877 

Wiesbaden-Schierstein 

Im Jahre 1954 beschloß der Verein ein neues Banner anzuschaffen und es anläßlich des 80jährigen Wiegenfestes im Jahre 1957 feierlich zu weihen. Daher wurde sofort ein Fahnenfonds angelegt. Die Mitglieder hatten wieder ein neues Ziel vor Augen. Freunde und Gönner trugen ebenfalls ihr Scherflein dazu bei, dass der Fahnenfonds bald gefüllt war. So konnte die neue Vereinsfahne rechtzeitig genug zur Anfertigung in Auftrag gegeben werden.

Das 80jährige Jubiläum, verbunden mit der Fahnenweihe, wurde vom 6. bis 8. Juli 1957 im Festzelt auf dem neuen Festplatz des Verkehrsvereins am Westhafen abgehalten. Hierbei bewies die „Eintracht„, dass sie es auch in der Nachkriegszeit nicht verlernt hat, wie man ein Sängerfest großartig gestalten kann. Unter dem Motto „Liedertag am Rhein„, dem als prominentester Gast der Hessische Landtagspräsident Heinrich Zinkann beiwohnte, gaben sich über 30 Gesangvereine mit mehr als 1500 Sängern in Schierstein ein Stelldichein. Zahllos waren die Glückwünsche, die dem Verein zu diesem Tag und zu seiner Fahnenweihe überbracht wurden.

 Die Weihe der neuen Fahne, der Ehrenjungfrauen das Geleit zur Bühne gaben, nahm der erste Vorsitzende des Hessischen Sängerbundes, Georg Hertel, vor. „Die Fahne sei das Symbol der Gemeinschaft„, sagte Georg Hertel. Zugleich übermittelte er seine Glückwünsche für die 75jährige Zugehörigkeit des Vereines zum Deutschen Sängerbund. Den Reigen der Gratulanten eröffneten die „Eintracht„-Frauen. Sie überreichten einen Tischständer und die erste Fahnenschleife zum Jubiläum.

Am Gründerhaus der „Eintracht„, Freudenbergstraße 11, wurde eine Marmortafel enthüllt. In goldenen Lettern ist vermerkt, dass hier die Wiege des Vereines gestanden hat.

Im Februar 1959 gab es zwei bedeutende Veränderungen im Verein: Nach dem Rücktritt des bisherigen 1. Vorsitzenden A. Kunz übernahm das Vorstandsmitglied Fritz Haibach den Vorsitz im Verein. Zum gleichen Zeitpunkt wurde mit Chordirektor Engelmann ein neuer Chorleiter verpflichtet.

Zwei neue Männer in Schlüsselpositionen! Aber den Wechsel brauchte die „Eintracht„ nicht zu bereuen! Chordirektor Engelmann stand bislang dem Chor in psychologisch feinfühliger Weise vor. Er verstand die Sängerschar hervorragend zu führen und für das deutsche Liedgut zu begeistern. Mit Fritz Haibach hatte der Verein einen verhältnismäßig jungen 1. Vorsitzenden bekommen, dessen erstes Bestreben war, den Verein zu festigen und zu stärken. Seine letzte große Zielsetzung: Eine würdige Gestaltung der 90-Jahrfeier. Leider war es ihm nicht vergönnt, diesen Höhepunkt seiner Tätigkeit für die „Eintracht„ zu erleben. Mitten in den Vorbereitungen, die für das Geburtstagsfest getroffen werden mußten, traf den Verein ein schwerer Schicksalsschlag. Fritz Haibach war am 2.3.1967 auf seiner Arbeitsstelle verstorben. Ein unerbittliches und unergründliches Schicksal hatte seinem freudigen Wirken ein Ende gesetzt. Obwohl es viele ältere Mitglieder im Verein gibt, fühlte man so, als sei der „Vater der Eintracht„ in die Ewigkeit abberufen worden. Und in der Tat, Fritz war der „Eintracht„ im wahrsten Sinne des Wortes Bedeutung ein Vater. Er lebte für seine „Eintracht„, er liebte seine schöne Heimat über alles, und er befaßte sich gerne mit allgemeinen Schiersteiner Problemen. Fritz Haibach war ein großer Idealist. 

Wir erinnern uns seiner bedächtigen Art, aber er hatte genau überdacht, was er sagte, und was er sagte, das meinte er auch so. Doppelzüngigkeit war ihm fremd. Darum war er nicht nur bei seiner „Eintracht„, sondern auch bei vielen befreundeten Vereinen beliebt. Am 7. März 1967 nahm die „Eintracht-Familie„ von ihm schmerzlichen Abschied. Sie wird sein Andenken in Ehren bewahren.

Was wird nun werden? Diese Frage wurde von den Sängern sehr schnell entschieden, denn das Vereinsleben mußte weitergehen. Sie hatten als Interimsvorsitzenden Adolf Lauber vorgesehen, der in jahrelangem, beharrlichem Werben von Fritz Haibach als Sänger geworben worden war. Dennoch, es bedurfte schon einiger Überredungskunst, bis er sich bereit erklärte, das angetragene Amt zu übernehmen, denn schließlich war er ja einer der jüngsten aktiven Sänger und hatte, wie er selbst sagte, von nichts eine Ahnung.

Aber er hatte, und das war in diesem Fall viel wichtiger, das Vertrauen der Sänger. Sie und die altbewährten Kräfte des Vorstandes waren bereit, mit ihm durch dick und dünn zu gehen! Wiederum hatte das Vereinsschiff einen jungen Steuermann, der sicherlich bemüht war, das Ruder in eine hoffnungsvolle Zukunft zu dirigieren.

Adolf Lauber setzte die begonnene Arbeit von Fritz Haibach fort und gestaltete das 90jährige Sängerfest zu einem Höhepunkt im Vereinsleben. Am 14. und 15. Oktober 1967 fand in der Turnhalle – heutige Georg-Lang-Halle – das Freundschaftssingen mit 28 teilnehmenden Vereinen statt.